Exkursion zur Gedenkstätte Dachau
Am Dienstag, den 13. Juni, fuhren die 4. Klassen mit ihren Lehrerinnen Frau Gutzmer, Frau Haselwanter und Frau Udovcic zur KZ-Gedenkstätte Dachau.
Um 10.30 kamen Lehrerinnen und die Schüler*innen am Parkplatz der KZ-Gedenkstätte Dachau an und machten sich auf den Weg zum Infopoint. Bereits auf dem Weg dorthin traten die ersten Fragen auf. Einige wunderten sich über den schönen Weg und hatten den Eindruck als würden sie durch einen offen gestalteten Park spazieren. Sie konnten anfangs nicht recht einordnen, was diese einladende Umgebung mit einem ehemaligen KZ zu tun habe. Später erfuhren sie von den jeweiligen Guides, dass die Gedenkstätte erst 1965 errichtet wurde und nur einen kleinen Teil des ursprünglichen Lagers darstellt, und dass das Areal nach der Befreiung 1945 laufend überbaut und umgenutzt wurde. Über die Ausdehnung des ursprünglichen Lagers waren die Schüler*innen dann doch sehr erstaunt.
Auch wenn sie sich bereits im Rahmen der Vorbereitung auf die Exkursion mit der Gedenkstätte auseinandergesetzt hatten, waren der Eindruck vor Ort und die weiterführenden Informationen der Guides für sie doch etwas ganz anderes. Die Größe des Appellplatzes, die Enge der Betten und der weite Weg von den letzten Baracken – in Umrissen dargestellt - zu dem Platz, an dem die Häftlinge oftmals Stunden oder die ganze Nacht stehen mussten - bei jedem Wetter, bei brütender Hitze oder Eiseskälte, hungrig, krank - wurden für die Jugendlichen vielleicht etwas nachvollziehbarer, in dem sie selbst über den Platz gingen, die Baracken betraten und den Weg von der ersten zur letzten Baracke abgingen. Es war heiß, windig und staubig und die Dimensionen der Strapazen und Qualen waren für einzelne vielleicht für kurze Momente ansatzweise spürbar. Denn sie wiesen darauf hin, wie weit der Weg sei, und dass die Menschen in den letzten Baracken eigentlich im Nachteil waren. Sie bekamen die Information, dass in den ersten Baracken die „privilegierten“ Häftlinge untergebracht waren, dass Missgunst, Neid und Abschottung von Gruppen gegenüber anderen, die aus anderen Gründen inhaftiert worden waren, geschürt worden waren, dass dies alles System hatte, um eine Solidarisierung unter den Gefangenen zu unterbinden.
Das war für die Schüler*innen neu: Die Erkenntnis, dass es auch unter den verschiedenen Häftlingsgruppen Ablehnung und Vorurteile gab, dass es nicht den „einen“ Häftling gab. Daher zeigten sie auch sehr großes Interesse an den „Kennzeichen für Schutzhäftlinge“, an denen der Grund für die Inhaftierung erkennbar war.
Zu sehen und zu erfahren, dass es verschiedenste Gruppierungen gab, die – neben 6 Millionen Jüdinnen und Juden – verfolgt und geächtet wurden und letztendlich zu Tode kamen, war für die Schüler*innen sicher eine wichtige Erkenntnis.
Es kann das Ausmaß der Katastrophe vielleicht etwas näher rücken, zu verstehen, dass Personen davon betroffen waren, die heute unsere Nachbarn, Freunde oder Verwandten sind: Homosexuelle, Wohnungs- und Arbeitslose, Zeugen Jehovas und Menschen jüdischen Glaubens.
Besonders beeindruckt waren sie von der riesigen Karte, die das nationalsozialistische Lagersystem während des Krieges darstellt. Es überraschte sie, wie viele Nebenlager es neben den Hauptlagern gab und wie sich das Lagersystem wie ein Spinnennetz durch Europa zog.
Auch die Übersicht über die Zahl der Gefangenen nach ihren Herkunftsländern weckte das Interesse der Jugendlichen sehr. Da unsere Schule von vielen Schüler*innen mit unterschiedlichsten Migrationsbiografien besucht wird, war es für sie sehr aufschlussreich, die Zahlen der Häftlinge aus ihren Herkunftsländern herauszufinden. So tauchte dann auch die Frage auf, warum es keine islamische Gedenkstätte gäbe, da es doch auch offensichtlich Menschen muslimischen Glaubens unter den Inhaftierten gab. Eine interessante Frage, die auch uns Lehrerinnen zur Recherche motivierte. Auch uns war bisher nicht bewusst gewesen, dass 200 Menschen muslimischen Glaubens - vor allem aus den „Maghreb-Staaten“ - im KZ Dachau inhaftiert gewesen waren.
Uns Lehrpersonen wird beim Besuch einer Gedenkstätte immer wieder aufs Neue die Bedeutung und damit verbundene große Verantwortung bewusst, junge Menschen für die systematische Zwangsarbeit und schließlich industrielle Massentötung im Nationalsozialismus zu sensibilisieren.
In der heutigen Zeit, in der Antisemitismus europaweit zunehmend präsenter wird – allein in Österreich hat sich die Zahl antisemitischer Vorfälle in wenigen Jahren nahezu verdoppelt -, liegt es an uns Lehrer*innen, herrschende Vorurteile, Diskriminierung und Ausgrenzung ins Bewusstsein zu rücken und jungen Menschen den Höhepunkt menschenvernichtender Politik, die Shoah, begreiflich zu machen.
Ich erinnere mich abschließend an die Worte der jungen Frau, die uns durch die Gedenkstätte begleitet hat: „Ich habe in den letzten Jahren rund 600-700 Gruppen begleitet. Und wenn in jeder Gruppe auch nur eine einzige Person sensibilisiert wurde, dann weiß ich, dass es nun ca. 600 Personen mehr gibt, die etwas mitgenommen haben und dies weitergeben können.“
Auf dem Weg zum Appellplatz
Das Internationale Mahnmal des jugoslawischen Künstlers Nandor Glid
Das Lagersystem
Das ehemalige Wirtschaftsgebäude, davor das Internationale Mahnmal
Kennzeichen für Schutzhäftlinge
Im Hintergrund das Wirtschaftsgebäude
Hinter dem Wirtschaftsgebäude